Geschichte

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Kolleg für Sozialpädagogik - Mehr als Schule

Das Kolleg für Sozialpädagogik wurde 1990 in enger Kooperation mit der damaligen Pädagogischen Akademie der Diözese Graz-Seckau in privater Trägerschaft errichtet. Die Ausbildung richtet sich an MaturantInnen und endet mit einer Diplomprüfung. In Österreich können an Kollegs die berufsspezifischen Kompetenzen berufsbildender höherer Schulen erworben werden, während an fünfjährigen Langformen auch die allgemein bildenden Inhalte unterrichtet werden.

Ausbildungsprofil

In einem vom Bundesministerium initiierten Qualitätsentwicklungsprozess werden Schulen darin unterstützt, ein Ausbildungsprofil zu entwickeln.
Das Ausbildungsprofil der Sozialpädagogik ist gekennzeichnet durch:

  • Den Erwerb sozialpädagogischer Handlungskompetenzen
  • Die Entwicklung einer ganzheitlichen Persönlichkeit
  • Den Ausbau der musisch-kreativen Fertigkeiten
  • Und die Vernetzung von Theorie und Praxis

Die Ausbildung fördert gezielt die Übernahme der Verantwortung für den eigenen Bildungsprozess und legt damit die Grundlage für den Einstieg ins Berufsleben und für ein lebenslanges Lernen. Dieses für alle sozialpädagogischen Bildungsanstalten und Kollegs in Österreich formulierte Profil wird in Graz standortspezifisch ausdifferenziert.

Wie leben wir das vorliegende Ausbildungsprofil?

Wir begreifen Schule als lernende Institution, die angehenden Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen ermöglicht, ein individualisiertes Handlungsrepertoire aufzubauen, welches ein eigenständiges Leben in einer komplexer werdenden Gesellschaft ermöglicht und verabschieden uns von der Vorstellung linearer Wirkungsweisen und streng hierarchischer Funktionsstrukturen. Unsere pädagogische Arbeit ist ressourcenorientiert und getragen von christlichen Werten und Visionen für ein gelingenderes Leben.
Im Ausbildungskonzept sind gruppendynamische Elemente wesentlicher Bestandteil persönlichen Lernens und Umsetzens in sozialpädagogische Handlungskompetenzen. Einführungstage zur Orientierung, Schneetage zum Kennenlernen, Sport- und Kreativtage zur Einleitung der Differenzierungsphase, ein fächerübergreifendes Großprojekt in der Differenzierungs- und Arbeitsphase sowie erlebnispädagogische Tage in der Abschlussphase sind ein Beispiel, wie pädagogische Erfahrungen in einem Drei-Schritt nutzbar gemacht werden:

  1. für das eigene Erleben im Rahmen gruppendynamischer Prozesse
  2. für konkrete didaktische Umsetzungen im sozialpädagogischen Handlungsfeld und
  3. für die evaluierende Reflexion

Dieser Drei-Schritt wird begleitet von einer intensiven theoretischen Auseinandersetzung in allen Fachbereichen. Diese Schritte geben Orientierung im Schulalltag, können von Akteurinnen nur integriert werden, wenn sie diese auf dem Hintergrund einer identitätsstiftenden Schulkultur erleben. Ausdruck finden sie, indem Initiativen von Studierenden bzw. Lehrenden aufgenommen, Studierende im Spannungsgefüge von Beziehungskonstellationen begleitet und diese beim Erwerb von Lebens- und Berufskohärenz unterstützt werden.

Format „Projekt“

Konkretisiert werden diese Ansprüche in einem verpflichtenden, fächer- und klassenübergreifenden Großprojekt am Übergang zwischen zweitem und drittem Semester, das nunmehr seit 25 Jahren zum fixen Bestandteil der Ausbildung gehört. Seit mehr als fünf Jahren unterziehen wir dieses Projekt einer regelmäßigen Evaluierung, die gegenwärtig durch einen Forschungsauftrag des Instituts für Forschung, Entwicklung und Internationales der KPH-Graz unterstützt wird. Die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens fließen in die folgenden Ausführungen ein: Das Format „Projekt“ stellt einen unverzichtbaren Beitrag zur sozialpädagogischen Professionalisierung, beruflichen Profilbildung dar und trägt darüber hinaus zum bio-psycho-sozialen Wohlbefinden der Akteurinnen bei.

Geheimnis: Ressourcenorientierung

Was über anfängliche Suchbewegungen bei der Projektimplementierung und –Umsetzung
über Anwendung von Projektmanagement-Kenntnissen hinaus intuitiv getan wurde, kann mit wenigen Worten zusammengefasst werden: Von Anfang an war klar, dass Projekte dieser Größenordnung nur im Wechselspiel von

  • Interesse (Stärken) wecken,
  • Zu-Trauen,
  • Begleitung und Freiraum geben,
  • Grenzen abstecken,
  • Kompetenzen austesten,
  • Prozessergebnisse schöpferisch umsetzen,
  • präsentieren und Lust daran erfahren,
  • kraftvolle Wachstumsimpulse vermitteln können.

Das Geheimnis dieser Passung zwischen dieser Dynamik und der jährlich erfahrenen Qualität sozialpädagogischer Projektarbeit liegt im wachsamen Wahrnehmen der Bedürfnisse der AkteurInnen.

Ressourcenorientierte Pädagogik

ist nicht nur Thema im Pädagogik-Unterricht. Eben diese ist der Schlüssel zur individuellen aber auch zur Erfolgsbilanz des Kollegs für Sozialpädagogik.
Wir gehen von den Bedürfnissen der Studierenden aus: Welche Themen brennen ihnen unter den Nägeln? Wo liegen ihre Wünsche, Sehnsüchte, Entwicklungs- und Handlungsimpulse, wo liegt ihre Begeisterung, liegen ihre Stärken? Da will etwas werden. Ein Thema, auf das sich die Gruppe einigen kann. Der spannende Weg dorthin. Erste Schritte, Schwierigkeiten, Bewältigungsstrategien, kreative, schöpferische Wege. Ein verlässlicher Bezugs- und Beziehungsrahmen, der diese eigenständigen Suchbewegungen unterstützt: PädagogInnen als BegleiterInnen, als Fragende, Antwortende, als Resonanzräume, regelmäßige Projektpleni als Orientierungs- Strukturierungs- Hilfen, als High-Speed-Austausch- und Frage-Foren, als „Ideenbrutkästen“, als psychohygienische Nischen zum Frust-Ablassen, als Ermutigungsinseln, als Marktplätze der Begegnung zwischen Lehrenden und Studierenden mit Theorie- und Praxisvernetzung und Lernimpulsen für alle Beteiligten…allein im Duktus dieser Beschreibung ist etwas vom Skript dieses geglückten Lernprozesses zu lesen, den Studierende jährlich durchlaufen, die wissen, dass wir es ihnen zutrauen, in ihrer individuellen Unverwechselbarkeit, mit den in ihnen schlummernden persönlichen Stärken und Kompetenzen Großes zu schaffen.

Eckpunkte im Prozess

Ein klarer Zeitrahmen, intensive Prozessbegleitung bis zur Themenfindung, Projektpleni als Austauschforen und „thinktanks“, Zutrauen in persönliche Stärken, Freiräume (aufgelöster Stundenplan), ein klarer Projektrahmen mit Bezugslehrenden, Reflexionen, Coachings stellen die Eckpunkte der Projektarbeit dar.

Ergebnisse

Hohes Wertebewusstsein in Bezug auf diese Erfahrung von Selbstwirksamkeit, wertvolle Ergebnisse, geglückte Präsentationen und steigendes Interesse von Seiten des Hauses Augustinum, des bischöflichen Schulamtes, von VernetzungspartnerInnen, sozialpädagogischen Einrichtungen und der Trägerorganisationen. Steigende BesucherInnenzahlen, was sich sowohl an gut- bis überfüllten Vor- und Premieren zeigt.

Mehr – Magis

Jenseits von Lampenfieber, aller Highlights und Hoppalas ist in jedem Fall das „etwas Mehr - magis“- die Hochachtung des Publikums und der Betroffenen für diese Kraft der Beiträge zu spüren, die Markierungspunkte für ein von Visionen getragenes sozialpädagogisches Handeln sind.

(Erhart-Auner Karin, Hofmann Margret. Als Artikel im Sonderheft der Sozialpädagogischen Impulse 5/15, 25 Jahre Kolleg für Sozialpädagogik der Diözese Graz-Seckau, unter dem Titel: Vom Profil-Entwurf zur lernenden Institution - vom Allgemeinen zum „Magis“ veröffentlicht.)